Michael Mastroserio - Triathlon, Duathlon, Mountainbike

Mittwoch, 5. September 2012

Langdistanz Köln.....

.......oder die Jagd nach der Bestzeit!

Déjà vu. Anderst kann man es nicht ausdrücken, denn es ist wieder mitten in der Nacht vor meinem wichtigsten Wettkampf, wieder in Köln, und wieder kann ich nicht schlafen. Einen Unterschied zu 2011 gibt es aber - es regnet nicht! Und die Wetteraussichten sind bestens, morgens soll es zwar noch kalt sein, im laufe des Tages dann aber immer wärmer und sonniger werden, und selbst der gefürchtete Kölner Wind soll zu einem lauen Lüftchen mutieren. Na da bin ich ja mal gespannt.

Meine Kopfzeiten für heute sehen folgendermaßen aus, in Klammern die Zeiten aus 2011 :

Schwimmen 1:10 Std. ( 1:12 Std.)
Rad 5:35 Std. ( 5:42 Std.)
Laufen 3:50 Std. ( 4:04 Std.)
Wechsel 1+2 10min ( 12min )

Um 3:30 Uhr stehe ich auf, frühstücke, packe meinen Kram und fahre die 12km vom Hotel nach Köln-Innenstadt, parke mein Auto zielnahe am Heumarkt und laufe das kurze Stück zur Haltestelle des Shuttlebus, der mich und viele andere zu nachtschlafener Zeit raus zum Fühlinger See bringen soll. Pünktlich um 5:30 Uhr biegt der Bus um die Ecke und 20 Minuten später sind wir bereits am See.

Hier gibt es nicht mehr viel zu tun außer - warten. Mein Kleiderbeutel für nach dem Rennen ist schon abgegeben, mein Rad ist präpariert und die Sonne schaut langsam vorbei. Kurze Wettkampfbesprechung unterhalb des Regattaturms und dann geht es schon ab ins Wasser zum einschwimmen. Diesesmal habe ich mir fest vorgenommen von Anfang an nicht zu trödeln wie 2011 sondern mit etwas mehr Druck unterwegs zu sein. Ich reihe mich auf Bahn 5 ein, denn es ist ja eine Regattastrecke, mit Bojen in regelmäßigen Abständen und großen Metermarkierungen am Ufer - perfekt!

Es geht los und ich brauche mich von nun an nur an den Leinen unter Wasser zu orientieren an denen die Bojen befestigt sind. Zudem kann ich den Wasserschatten von zwei vorausschwimmenden nutzen, das Tempo stimmt, nicht zu langsam und nicht zu schnell. Es läuft bestens.

An der 1,9km-Boje mache ich eine kurze Rückenrolle um mich in die richtige Richtung zu drehen und schaue dabei kurz auf die Uhr, 34:30min, genau wie geplant! Von nun an schwimme ich ufernah um schon auf dem richtigen Weg für den Schwimmausstieg zu sein. Neben mir ist ein Kanute der Streckensicherung unterwegs und ich habe wieder einen perfekten Orientierungspunkt. Nach 1:09;11 habe ich die 3,8km geschafft und schon mehr als 3 Minuten gegenüber 2011 gut gemacht. So kann es weitergehen!


Der Wechsel ist nach 4:51min Geschichte, mein Weg aus der Wechselzone extrem kurz - ganze 10 Meter! - und ich steige aufs Rad. Es ist noch recht kalt heute früh, deswegen habe ich mir Armlinge übergezogen. Das sieht zwar dämlich aus aber das hat mich noch nie interessiert denn Funktionalität steht bei mir über allem.

Der Radkurs ist folgendermaßen aufgeteilt : 1 kurze Runde vom Fühlinger See nach Köln-Innenstadt, dann 3 große Runden von Köln-Innenstadt bis Köln-Worringen und von dort aus nach Köln-Blumenberg und wieder über den Fühlinger See zurück nach Köln-Innenstadt.

Genau 30 Minuten brauche ich nach Köln-Innenstadt, von jetzt an will ich jede Runde in 1:45 Std. fahren um auf meine Kopfzeit von 5:35 Std. zu kommen. Der Wind hält sich zurück, es wird immer milder und meine Beine fühlen sich gut an. Bis km100 läuft alles bestens, dann machen sich tatsächlich schon erste leichte Krämpfe an der Oberschenkelinnenseite bemerkbar - jetzt schon! Und ich bin doch mit perfekter "Reisegeschwindigkeit" unterwegs. Na das kann ja heiter werden! Ab km 120 kommen dann auch noch Knieschmerzen rechts hinzu, ausgerechnet rechts, die Seite, mit der ich im Frühjahr Probleme hatte. Was tun? Geschwindigkeit reduzieren und Zeitziel anpassen? Ich wische diesen Gedanken schnell beiseite und beschließe, so zu verfahren wie in den vergangenen Monaten - ich ignoriere die Knieschmerzen, sie werden schon von selbst verschwinden. Das haben sie in der letzten Zeit auch gemacht.

Gut, das klappt diesesmal nicht wirklich, denn ich muss die Geschwindigkeit und den Druck aufs Pedal entsprechend hoch halten um mein Zeitziel nicht aus den Augen zu verlieren aber da muss man eben durch. Zu Beginn der dritten Runde merke ich, daß ich trotz aller Bemühungen  Zeit verloren habe, fast 5 Minuten, jetzt muss ich noch stärker fahren um den Zeitverlust wieder gut zu machen. Im Moment bin ich auf 5:40 Std. unterwegs. Ich verlasse von nun an nur noch in Kurven und an Verpflegungsstellen die Aeroposition und fahre volles Risiko.

Es funktioniert tatsächlich, ist aber jetzt schon mit Schmerzen und Muskelkrämpfen verbunden - nach genau 5:36 Std. fahre ich in die 2te Wechselzone ein und habe fast 4 Minuten wieder reingeholt. Nun gilt es also, den Marathon etwas schneller zu laufen!

In der Wechselzone gibt es zunächst Probleme weil ich meinen Wechselbeutel zu stark zugeknotet habe. Ich raste vor Wut fast aus und das freigesetzte Adrenalin hilft, der Beutel geht endlich auf und ich kann meine Laufsachen anlegen - frische Strümpfe, Laufschuhe an, Mütze auf, Gels in die Hand und ab dafür! Aber halt, da war doch noch was? Richtig, ich muss schon seit einiger Zeit auf Toilette. Nach insgesamt 6:51min verlasse ich endlich die Wechselzone und mache mich auf den 42,2km langen Weg zur neuen Bestzeit.

Es sind drei Runden zu je ca. 14,65km am Dom vorbei und am Rheinufer entlang zu laufen, v.a. am Dom, an den Domterrassen und an der Bastei stehen hunderte Zuschauer, nach hinten heraus wird die Laufstrecke sehr ruhig, nur an den gut positionierten Verpflegungsstellen sind nochmals Zuschauer und Trommelgruppen vertreten. Dazwischen hat man für mehrere km seine Ruhe, was ich sehr genieße.

Die Beine tun weh, immer wieder melden sich Anflüge von Krämpfen aber zumindest das Knie hat sich beruhigt und ich kann meine Geschwindigkeit von 5:19/5:20min pro km gut halten. Den Halbmarathon passiere ich bei 1:51 Std. das ist besser als ich gedacht habe! Aber ich weiß nur zu gut, daß der Marathon so richtig erst ab km30 losgeht - und genauso ist es auch, ab km30 schleicht sich wieder der berühmt-berüchtigte "Schlappschritt" ein, ich muss mir immer wieder selbst in den Hintern treten um nicht zuviel Zeit zu verlieren!

Die letzte Laufrunde wird furchtbar. Die Beine krampfen fast ununterbrochen, das Knie schmerzt wieder und mein Körper schreit unaufhörlich "Gehpause, Gehpause, GEHPAUSE!!!!!!", aber ich erwiedere nur "Halt`s Maul!" und zwinge mich, im Laufschritt zu bleiben. Am Wendepunkt angekommen habe ich ab jetzt noch 7,5km bis ins Ziel, wenn ich im jetzigen Tempo weiterlaufe dann komme ich auf eine Marathonzeit von 3:50 Std und auf eine Endzeit von ca. 10:47/10:48 Std. Ich will aber weiterhin unter allen Umständen die 10:45 Std. erreichen und schaffe es tatsächlich, die Geschwindigkeit leicht zu erhöhen. Die Verpflegungsstellen lasse ich links liegen, ich greife mir nur an der letzten Stelle zwei Becher Cola, etwas anderes hilft mir jetzt nicht mehr.

Ein letztesmal dann die Wendeltreppe an der Deutzer Brücke hoch, ein letztesmal über die Brücke und dann geht es quasi "bergab" ins Ziel - nach 10:44 Std. habe ich es tatsächlich geschafft, die besonders in der letzten Stunde unglaubliche Quälerei hat tatsächlich ein Ende! Im Ziel liege ich erstmal gut 10 Minuten auf dem Boden und will nicht mehr aufstehen. Ich bin so leer!


Ich habe meine Kopfzeit um gut 30 Sekunden unterboten, ich bin so stolz! Das entschädigt für die Schmerzen und die Zweifel, die einem unterwegs immer wieder begleiten.

Kurz etwas zur Ernährung :

Rad; insgesamt 12 Gels gut durchgemischt mit süß und salzig, 1 Riegel, ca. 9 Liter Iso, 2 Liter Wasser und zum Schluß 0,5L Cola.
Laufen; insgesamt 5 Gels durchweg salzig, an jeder Verpflegungsstelle je 1 Becher Cola / Iso / Wasser. Keinerlei feste Nahrung beim Laufen!




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