Michael Mastroserio - Triathlon, Duathlon, Mountainbike

Donnerstag, 11. Juli 2013

Ironman European Championship Frankfurt 2013

Sonntag früh ( bzw. nacht ) um 3:45 Uhr klingeln kurz nacheinander der Wecker und 2 Mobiltelefone, es gibt für mich kaum einen größeren Horror als einen Wettkampf zu verpennen, noch dazu der wichtigste des Jahres! Ich bringe das übliche Vorwettkampf-Frühstück hinter mich ( 2 süße Brötchen mit Banane, ich hasse es so früh was essen zu müssen ), packe die letzten Sachen ein und bin abmarschbereit. Damit meine Freundin mich rechtzeitig in Maintal-Hochstadt am Kopfsteinpflaster in der 1ten Runde erwischt hatte ich beschlossen, mit der U-Bahn von Enkheim zum Römer zu fahren und dann mit dem Shuttle-Bus zum Waldsee.

Gesagt getan, am Römer treffe ich eine Bekannte und wir entern kurz danach den Bus, der erfreulicherweise direkt vor unserer Nase hält, so können wir uns gleich die ersten Sitzplätze sichern! Eigentlich merkwürdig, obwohl wir nachher gut 180km eh sitzen müssen wollen wir jetzt auch sitzen statt stehen. Später wundern wir uns ( na gut, ich wundere mich :p ) dann noch über den merkwürdigen Fahrweg des Busfahrers zum Waldsee, ich muss mir von meiner Bekannten nun vorhalten lassen daß ich mich gerade "ganz schön deutsch" verhalte :D


Am Waldsee angekommen beginnt dann das restliche übliche Vorbereitungsgedöhns, ihr kennt das ja alle......
















Ganz zum Schluss dann den Neo an, letzter Gang zum WC und dann runter ins Wasser. Eigentlich würde ich gerne ganz nach vorne, aber ich hab in der Wechselzone zu sehr getrödelt und muss aus der Mitte heraus starten. Der Startschuss fällt und eine mächtige Prügelei beginnt. Man sieht eigentlich nur noch schwarze Leiber, Arme, Beine, der reinste Horror. Ich versuche immer wieder durch Lücken zu schwimmen um dieses Getümmel hinter mich zu bringen aber so richtig will mir das nicht gelingen. Zwischendrin lässt es sich zwar einigermaßen stabil schwimmen aber dann schwimmt man schon wieder auf die nächste Gruppe auf und das Geprügel beginnt vom neuen. An der ersten großen Wendeboje herrschen dann katastrophale Zustände. Jeder will so eng als möglich dran vorbei, was zur Folge hat daß viele einfach gegen die Boje gedrückt werden und Gefahr laufen, unter diese zu geraten. Ein unglaubliches Hauen und Stechen, das erstemal habe ich beim Schwimmen richtig Angst!

Kurz nach der Boje zieht sich dann das Feld endlich auseinander in Richtung Landgang, dort dann unglaublich : Stau! Man watschelt an Land und muss erstmal anstehen um wieder ins Wasser zu kommen! Vor lauter "Faszination" vergesse ich, auf die Uhr zu schauen wie lange ich bis hierher gebraucht habe. Dann kann es endlich weitergehen und die letzten 1,7km beginnen. Die laufen dann richtig gut ohne große Kollisionen mit anderen und nach 1:07undebbessekunden bin ich an Land, prima! Allerdings befindet sich die Matte zur Zeitmessung weiter oben am Ende des kleinen Anstiegs und nicht unten am Strand, also steht als Schwimmzeit 1:08;03 Std womit ich aber dennoch sehr zufrieden bin.

Der Wechsel ist nervig. Beutel suchen, ins Zelt rennen, sich dort umziehen, das Geraffel in den Beutel packen, Beutel abgeben und erst dann zum Rad - wer hat sich diesen Unfug ausgedacht? Am Rad lege ich noch den Polar an und es kann mit dem Radfahren losgehen!

Auf den ersten km verpflege ich mich erstmal mit etwas Flüssigkeit und dem ersten Gel und horche in mich rein, was sagen die Beine? Die sagen "Gude, du bist gerade ne PB auf 3,8km geschwommen, wart mal e bissi bis wir wieder beisammen sind". Ich hatte mir eh vorgenommen auf den ersten km runter nach FFM nicht zu sehr reinzuhauen, aber selbst wenn ich es mir vorgenommen hätte - es wäre nicht gegangen, denn ich merke schon recht bald, daß meine Beine heute auf hohe Geschwindigkeiten nicht wirklich Lust haben.

Der erste Anstieg in Bergen-Enkheim läuft gut und flüssig und auf der folgenden Abfahrt gelingt es mir tatsächlich, diese zum allerersten mal komplett in Aero-Position zu fahren! Gut, sonst sind hier halt zig-Autofahrer unterwegs, da habe ich viel Respekt und baue lieber auf Sicherheit. In Maintal-Hochstadt werde ich als einer der 8 Maintaler vom Sprecher angekündigt, und das spornt mich an, das Kopfsteinpflaster hinauf zu jagen als ginge es um den Sieg. Meinen Beinen gefällt das gar nicht und sie schicken mir als Protest den ersten kleinen Krampf - jetzt schon, nach 30km???? So war das nicht abgesprochen! Aber mit Krämpfen kann ich mittlerweile gut umgehen, soll heißen : ich ignoriere sie einfach und fahre weiter. Und siehe da, wenig später ist nix mehr zu spüren.


Kurz nach Hochstadt geht es in Wachenbuchen den dann den dritten "Anstieg" hinauf, der Hühnerberg zieht sich quasi vom Ortseingang an hoch, allerdings in mehreren Stufen, was den Anstieg etwas unrythmisch macht, wie ja auch die gesamte Strecke m.M.n. sehr unrythmisch ist. Die folgende Abfahrt kann man auch nicht wirklich zum Tempo gut machen nutzen da sie einfach zu kurz ist, es geht dann scharf links und sofort wieder rechts ab nach Niederdorfelden rein und dort auch wieder scharf rechts am sogenannten "Teufelseck" vorbei, dann sofort wieder links durch den alten Ortskern hindurch, dann wieder rechts und schließlich raus ausm Dorf.

Bevor ich jetzt aber den gesamten Streckenverlauf erzähle mach ich es besser kürzer! Bis Friedberg läuft es trotz starkem Nordostwind recht gut, mein Schnitt pendelt so um die 30/30,5km/h was jetzt nicht berauschend ist aber was soll ich machen? Ich teste immer wieder an ob ich schneller fahren kann, meine Muskeln machen mir allerdings sofort klar daß sie davon gar nichts halten, ich könnte zwar schneller, das würde aber, das merke ich ganz genau, sehr zu Lasten meiner Laufleistung gehen!

Als es zurück nach FFM geht freue ich mich auf den Rückenwind, aber wer die Wetterau kennt, der weiß, daß diese sich einen Dreck um konstante Windrichtungen schert, der Wind kommt nun nämlich aus Ost / Südost, was bedeutet, daß man entweder Seiten-oder eben wieder Gegenwind hat. Nunja, da es nun einige Bergab-Stücke gibt kann man versuchen, Tempo zu bolzen, und kurzzeitig erreiche ich sogar einen 31er-Schnitt, damit ist dann aber spätestens am "Heartbreak-Hill" in Bad Vilbel Schluss, denn dieser schafft es, meinen Schnitt wieder auf die 30 zu drücken. Schöne Abfahrt dann nach FFM-City rein, an der WZ vorbei ( ich muss mich beherrschen nicht einfach abzubiegen, die überraschten Gesichter hätte ich gerne gesehen :D ) über zwei Brücken drüber und die zweite Runde beginnt.

Diese unterscheidet sich - man ahnt es - nicht vom Streckenverlauf der ersten Runde, was die Sache etwas langweilig macht, weil man als Einheimischer hier sowieso jede Kurve quasi mit Namen kennt. Die zweite Runde ist richtig harte Arbeit, denn ich will unter keinen Umständen den 30er Schnitt verlieren. Immer wieder versuche ich, schneller zu fahren, aber es will mir nicht gelingen, dieses Tempo aufrecht zu halten. Da fehlt was, und zwar ein gewaltiges Stück Kraftausdauer. Zweifel werden in mir laut, wenn ich jetzt schon so arbeiten muss um eine mindere Geschwindigkeit zu halten, wieviel ist dann nachher noch fürs Laufen übrig? Breche ich sogar komplett ein??



Aber es hilft ja nix, ich bin hier unterwegs und ich bringe die Sache zu Ende! Monatelanges Training und jetzt klein beigeben? Niemals. Eher falle ich tot um, als aufzugeben! Je näher es auf FFM zugeht umso besser geht es mir wieder ( schon irgendwie merkwürdig, daß diese mentalen Einbrüche immer so um km 120/130 herum kommen? ) und ich freue mich aufs Laufen. Der Heartbreak-Hill läuft sehr gut und auf der finalen Abfahrt nach FFM bereite ich mich aufs Laufen vor. Die Verpflegung übrigens ohne Probleme, aufgrund der Kombination Hitze mit starkem Wind hatte ich schon bald gemerkt daß ich mehr Energie benötige als "an Bord" verfügbar, so habe ich an den Verpflegungsstellen immer wieder zu Gels gegriffen. Vom trinken her wechsle ich viel Wasser mit wenig Iso ab. Hat bestens funktioniert!

Der Wechsel zum Laufen klappt ganz gut, nur die Sucherei nach dem Beutel nervt schon wie am Waldsee. Frische Strümpfe an, nochmal Sonnencreme nachgelegt und ab dafür. Ich versuche gleich von Anfang an auf 5:06min/km zu laufen, zu Anfang klappt das auch aber dann merke ich recht schnell daß ich zuviel Körner auf der Radstrecke gelassen habe. Ich versuche auch hier nun immer wieder, das Tempo anzuziehen, aber es ist heute wie verhext, der Knoten will nicht platzen. Unterwegs sehe ich ADJ, Kalorienchen und clara226, welche mir mitteilt wie locker ich noch aussehen würde - hat die ne Ahnung wie es in mir drinnen ausschaut! :D Ich meckere über das Radfahren und das Laufen und denke mir anschließend "wenn ich noch die Kraft habe zum meckern dann stimmt doch irgendetwas nicht????". Wie auch immer, ich laufe also nun meinen Stiefel und lege nur an den Verpflegungsstellen kurze Gehpausen ein, ansonsten wird durchgelaufen. Viele andere, die mich auf der Radstrecke überholt haben, sind schon beim wandern, manche haben noch nichtmal das erste Bändchen um - au weia! Erst später wird mir bewusst, wie stolz ich eigentlich auf die heutige Leistung sein kann, wenn man gesehen hat wieviele eingebrochen sind.......

Der Marathon verläuft für mich eigentlich recht unspektakulär, die großen Schmerzen bleiben diesesmal aus und mit der Hitze komme ich ja sowieso sehr gut zurecht, zumal ich an den Verpflegungsstellen für genug Abkühlung sorge - das ist ja das A und O bei derartigen Verhältnissen! Das Laufen macht mir Spaß, noch mehr Spaß würde es machen wenn ich schneller laufen könnte aber wie gesagt - die Beine wollen heute nicht. Der Wille ist da aber die Verbindung zwischen Kopf und Körper fehlt. Schade!

Viele Freunde und Bekannte stehen an der Strecke, auf der Sachsenhäuser Seite sehe ich in meiner letzten Runde noch einen Bekannten stehen und wir klatschen uns kurz ab. Dann geht es endlich dem Ende entgegen, und diese letzten km werden nochmal richtig hart. Ich sehne mich nach hinsetzen , hinlegen, Augen schließen aber wenn ich das jetzt hier an Ort und Stelle mache sind vielleicht recht schnell die freundlichen Damen und Herren vom Medizinischen Dienst da und nix is mit rotem Teppich zum Römer. Also flüstere ich nun ständig vor mir her "Laufen Laufen Laufen Laufen Laufen Laufen Laufen"........zum Glück ist hier derart viel Getöse durch die Zuschauer daß mein Gebrabbel eh von niemanden wahr genommen wird :p

Als ich endlich das letzte Bändchen bekomme bedanke ich mich bei den Helfern, bedanke mich auch an der letzten Verpflegungsstelle und dann will ich aber endlich heim! Rüber auf die andere Mainseite, an der Wechselzone vorbei und dann ist er endlich da, der Zieleinlauf zu Römer! Und es ist wie beim erstenmal 2009, diese Kulisse ist einfach derart fantastisch daß man sofort eine Gänsehaut bekommt! Es ist DER Zieleinlauf schlechthin, ich weiß nicht ob es einen schöneren gibt!

Nach insgesamt 11:12 Std. bin ich im Ziel und damit knapp 13 Minuten an meiner Kopfzeit vorbei aber das ist mir im nachhinein wurscht. Der Ironman in Frankfurt ist nunmal kein Kindergeburtstag auch wenn man angesichts der Radstrecke meint, dies annehmen zu müssen. Ich finde sie sehr anspruchsvoll weil sie so "Rythmusbrechend" ist, das ist kein welliges geradeaus fahren wie in Köln oder ein profiliertes im Kreis fahren wie in Hannover. Es ist mehr. Es ist eben Frankfurt und die Wetterau!