Michael Mastroserio - Triathlon, Duathlon, Mountainbike

Mittwoch, 13. Juni 2012

Ironman 70.3 Pescara, ein Drama in 3 Akten....

......oder das große heulen in den abruzzesischen Weinbergen!

Overtüre

Wie auch 2011 reiste ich 2 Tage vor dem Wettkampf mit dem Flieger frühmorgens an, viel anderes wäre mir ja eh nicht übrig geblieben, der Flugplan nach Pescara lässt da wenig Variationsmöglichkeiten. Und 1400km Anreise mit dem Auto mussten dann doch nicht sein!

Die Anreise klappte ohne Probleme und den Transfer zum Hotel teilte ich mir mit anderen deutschen Triathleten die ich auf dem Flug kennengelernt hatte. Diesesmal war ich also nicht der einzigste aus deutschen Landen! Nach dem einchecken im Hotel folgte ein erster Spaziergang auf der Strandpromenade in praller Sonne und sommerlichen 30° zur Startnummernausgabe. Dort ging auch alles recht schnell, super-Orga wie man es gewohnt ist, zurück zum Hotel und ab aufs Rad um ne Stunde bei Hitze die Akklimatisierung voran zu treiben.

Abends dann die Pastaparty am Strand, wo sich auch Start und Ziel befanden und recht früh ins Bett, denn der Tag hatte für mich bereits um 5 Uhr morgens begonnen. Der Samstag stand dann im Zeichen der Vorbelastung - 30min Radfahren mit hoher Trittfrequenz und ein paar Sprints, anschließend ein schneller 20min-Lauf ebenfalls mit Sprints - und des eincheckens in die Wechselzone wo ich schonmal alles für den nächsten morgen herrichtete. Abends dann noch eine Kleinigkeit essen und wieder recht früh ins Bett, für 6 Uhr war der Wecker gestellt.

1. Akt - Schwimmen

Scheinbar frisch und ausgeruht stand ich dann morgens um 9 Uhr am Strand der Adria und wartete mit den anderen meiner Startgruppe, der Altersklasse M40, auf das Startsignal. Meine Knieverletzung, die mich von Ende April bis mitte Mai für fast 4 Wochen ausgebremst hatte, war ausgeheilt, und in den vergangenen 3 Wochen konnte ich noch einiges an Training absolvieren, es sollte also "eigentlich" nichts schiefgehen!

Dann ging es los! Die ersten 50 Meter musste man quasi im Wasser rennen weil es dort doch sehr flach war, erst kurz vor der ersten Boje war es tief genug um die ersten Schwimmzüge zu machen. Dort ordnete ich mich schräg links ein um so nahe als möglich an den gut sichtbaren gelben Bojen zu sein, überhaupt war der Schwimmkurs gut eingeteilt, sehr übersichtlich und das Meer fast spiegelglatt.

Aber schon auf dem Weg zur zweiten Boje merkte ich, daß da irgendwas nicht stimmt. Ich konnte keinen Druck aufbauen und quälte mich regelrecht von Boje zu Boje. Das, was ich da schwamm, war bestenfalls Grundlagentempo, eher für die Langdistanz geeignet, aber nicht für eine Mitteldistanz, wo man schon ein paar Kohlen mehr auflegen muss! Die Arme wollten nicht aus dem Wasser und die Beine waren bereits nach den ersten 850m schwer wie Blei. 200m mussten wir dann paralell zum Strand schwimmen bevor es dann wieder 850m zurückging. Vor allem diese zweiten 850m waren die längsten meines Lebens, der Kurs nahm und nahm kein Ende, der Strand wollte nicht näher kommen........

Ziemlich gebügelt taumelte ich schließlich nach katastrophalen 40min an Land und hatte das Gefühl, statt Muskeln Pudding in den Beinen zu haben. Entsprechend lange war ich auch in die Wechselzone unterwegs, und auch am Rad dauerte alles viel zu lange - oft geprobt, aber heute wollte schon nach dem schwimmen nichts klappen, kann ja noch heiter werden. Erster Wechsel indiskutabel lange mit über 5min!

Zweiter Akt - Radfahren

Zunächst ging es durch die Pescareser Innenstadt, dann eine Brücke hoch und auf eine autobahnähnliche Schnellstraße ( auch "Superstrada" genannt ) die extra für uns abgesperrt war. Dort ging es leicht bergab, der Wind kam von hinten und man konnte es richtig krachen lassen. Hier war auch das erste-und letztemal wo ich mich fit fühlte, mit gut 50km/h bollerte ich auf der Straße entlang und sammelte die ersten ein. Nach gut 10km ging es rechts ab, ein paar Wellen folgten und dann war schon der erste Anstieg da und meine Form wie ausgeknipst weg. Als ob man einen Luftballon aufbläst und plötzlich fliegen lässt. Jetzt war ich derjenige, der eingesammelt wurde! Dazu kamen - jetzt schon! - Krämpfe in den Beinen, oben, hinten, in den Waden......meine Beine bestanden nur noch aus Verkrampfungen. Bis zum allerletzten Ritzel musste ich schalten, dann konnte ich einigermaßen stabil hochfahren. Mit der entsprechenden langsamen Geschwindigkeit. Die Abfahrten, die folgten, musste ich zum erholen nutzen statt zum Zeit reinholen. Dann folgte ein zweiter, etwas längerer Anstieg, dann eine längere Abfahrt, bevor es leicht abschüssig zum Ausgangspunkt der Radrunde an der Abfahrt von der Schnellstraße ging. Trotz der Schmerzen und Krämpfe hatte ich bis zum Ende der 1ten Radrunde einen Schnitt von ca. 29,9km/h auf der Uhr stehen, und diesen wollte ich unter allen Umständen halten!

Meine Muskeln waren aber damit überhaupt nicht einverstanden und traten in einen weiteren Warnstreik, was zur Folge hatte, daß ich die Anstiege wieder sehr langsam angehen musste, auf den Abfahrten versuchte ich die Krämpfe zu ignorieren und gab Gas so schnell es eben ging. Aber die Kraftlosigkeit, die mich schon beim schwimmen begleitet hatte, wich nicht von meiner Seite und zeigte sich dann auf dem Rückweg nach Pescara von ihrer bösesten Seite. Der Schnitt sank und sank, egal was ich auch tat, ich hatte NICHTS entgegenzusetzen. Noch nie habe ich das Ende eines Radsplits so herbei gesehnt wie am Sonntag mittag!

Nach 3:10 Std. hatte ich es geschafft, zu den 5 Minuten, die ich im Vergleich zum Vorjahr bereits auf der Schwimmstrecke eingebüßt hatte, gesellten sich also 8 Minuten der Radstrecke plus 1 Minute Minuszeit beim ersten Wechsel.

Der zweite Wechsel war dann mit über 4 Minuten auch zu langsam und mein Rückstand zu 2011 wuchs weiter an.

Dritter und letzter Akt - Laufen 

Das Laufen hatte sich in den letzten Monaten zu einer meiner Stärken entwickelt und darauf setzte ich nun meine Hoffnungen. Allerdings hatte ich hier von Anfang an Schwierigkeiten, Druck aufzubauen und Tempo zu halten. Mit 5:03min / km startete ich bereits zu langsam, konnte zwar zwischenzeitlich auf 4:50min / km steigern, das war aber nur von kurzer Dauer denn meine Beine zeigten schnell, was sie davon hielten - gar nichts, die nächsten Krämpfe kamen, und zwar in immer schnellerer Folge, so daß ich gezwungen war das Tempo auf 5:13min / km zu reduzieren, was noch nicht mal meiner derzeitigen Grundlagengeschwindigkeit für die Langstrecke entspricht. Der Knoten wollte und wollte nicht platzen, und so schleppte ich mich km für km über die Laufstrecke, die sich mittlerweile in einen 35° heißen Glutofen verwandelt hatte.

Nach 1:50 Std. hatte ich den Halbmarathon geschafft, 8 Minuten Rückstand zu 2011, der gesamte Rückstand hatte sich auf satte 22 Minuten gesteigert, und im Ziel setzte ich mir erstmal völlig am Ende auf den Boden und hätte gerne losgeheult, war aber andererseits froh, den Tag überstanden zu haben, der leider nur Schmerzen und Enttäuschungen für mich bereit gehalten hatte. Die Gesamtzeit betrug 5:51 Std.

Epilog

Abhaken und nach vorne schauen! Ich hatte einen rabenschwarzen Tag erwischt, das kommt in den besten Familien vor. Daß ein solcher Tag ausgerechnet auf einen wichtigen Wettkampf fällt ist natürlich bitter aber letzlich nicht mehr zu ändern. Es gibt schlimmeres!